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Wie mich eine Gartenreise nach London mit einem Zukunfts-Trauma zurück ließ. Klimawandel ahoi!

Aktualisiert: 21. Apr.

Großbritannien, die Sehnsuchtsinsel für gartenbegeisterte Menschen - so auch für mich.

Sommer 2022, die ersten Augusttage. Endlich wieder London – diesmal auch mit ausreichend Zeit für Gärten, Gärten und nochmals Gärten. Viele neue Pflanzungen und auch Altbekanntes stehen am Plan. Juhu. Ich komme!!!


Einleitung:

Ich bin von dieser Reise sehr aufgewühlt und mit einer riesigen Traurigkeit zurückgekommen, die sich bis heute nicht gelegt hat. Es sind nun 10 Monate vergangen – beim Schreiben dieses Textes spüre ich die Traurigkeit immer noch stark, ob ich es überhaupt erzählen soll – solch emotionales Zeugs will keiner hören. Aber ich entscheide mich es euch zu erzählen, es ist ein Teil von der Wahrheit in der wir Menschen zurzeit stecken. Und ich halte mich daran fest, dass uns die Pflanzen helfen werden, so wie sie es immer schon getan haben.

Eine vertrocknete Magnolienblüte, die durchaus hübsch anzusehen ist hat Pflanzplanerin Verena Schönauer in Kew Gardens entdeckt

Die prägende Farbe dieser Reise: Strohbraun.


Hyde Park & Kennsington Gradens. Da hats das erste Mal geclasht.

Die Wiesen fast nur braun, strohbraun. Die Blumenpflanzungen, die nicht gegossen wurden braun, zum Teil verdorrt. Die Bäume eigentlich schon noch grün, aber irgendwas an der Farbe stimmt da nicht. Irgendwie sehr fahl. Und die Blattspannung, naja – man sieht halt, dass das Wasser fehlt.

Mein Kopf:


AH - schaut - dort, sie verwenden Gießsäcke für die jungen Bäume. Sehr gut. Abgehackt.


Naja – so arg kann es gar noch nicht sein – viele Blätter liegen nicht herunten.


Gut – die Linden zeigen einige gelbe Blätter in den Kronen, das war eh klar – dass wissen wir schon, dass es die Sommer- und Winterlinde bei uns in der Stadt nicht schaffen werden.


Naja – manche Platanen schauen aber schon sehr dünn aus in der Krone. Andere wieder nicht. Komisch.


AH und hier – schaut – so wie ich es immer sage – Beikräuter in der Wiese bleiben grün. Da die Schafgarbe ist grün – und dort das Greiskraut ist das einzige im Umkreis, das wirklich lebendig aussieht!


Schön langsam aber das Begreifen, dass da an dem was ich erkenne und dem Bild das sich mir zeigt, was nicht stimmt.

Oh mein Gott. Die haben in manchen Bereichen das ganze abgefallene Laub schon weggeräumt – die haben aufgeräumt im Park, klar schaut es dann nicht so arg aus.


Das volle Ausmaß was das alles bedeutet - zu diesem Zeitpunkt im Kopf noch nicht verarbeitbar.


Klar wusste ich über die andauernde Trockenheit Bescheid. Aber damit hatte ich nicht gerechnet.

Ich wusste natürlich, dass es vor unserem Besuch Hitzerekorde um die 40 Grad Celsisus in London gab. Hitzebrände. Ich wusste natürlich, dass aufgrund der anhaltenden Trockenheit, die Wasserstände dermaßen gesunken sind, dass in vielen Bereichen Südenglands ein Gießverbot verhängt wurde.


Ein Gewöhnen an das was Klimawandel-Tatsache ist. Noch kein volles Verstehen.

Kew Gardens, der Botanische Garten Londons

Auch hier der Großteil der Wiesen strohbraun. Die Pflanzungen meist schön, wenn gegossen. Aber dann, der Weg hinter die Pflanzungen, unter den Bäumen – überall wo nicht gegossen wurde – nicht so gut. Bzw. Pflanzen am falschen Standort – nicht so gut.

Epimedium, die Elfenblume, welches ich als trockenheitsverträgliche Begrünung unter Bäumen kennen gelernt habe, komplett verdorrt. Vertrocknete Blüten an Magnolien und dem Teestrauch. Laubfall an Bäumen, wie im Herbst – Anfang August.

Überall sind die Baumkronen schon noch grün – kein lebendiges Grün. Wenn es Pflanzen nicht gut geht, dann bekommt das Grün eine andere Farbe, die Blätter verlieren an Spannung. Das drückt auf die Stimmung.


Mein Kopf dazu:

Ja – bei den Arten, ist es eh klar.


Oje – das ist eine Katastrophe. Elfenblume tot. Sogar am richtigen Standort gepflanzt (ist in GB oft nicht vorausgesetzt)


Okay – da wird ja gegossen. Klar, dass dieser Ahorn gut ausschaut. Sonst wäre er vielleicht schon tot. Ach Verena. Sei nicht immer so extrem. Wahrscheinlich deutest du alles falsch.




Standard - Touristentour durch London.

Der Wahnsinn geht weiter, wird aber nun standardmäßig eingeordnet.


Oh mein Gott – habt ihr das gesehen – die jungen Birken dort - alle neu gepflanzt – die sind schon tot. Die Pflanzungen davor - schaut auch nicht gut aus, aber sie haben noch grüne Blätter. Aber der Eukalyptus daneben – dem geht’s gut.


Halleluja – da sieht man nicht mal mehr einen Unterschied zwischen Kiesfläche und Wiesenfläche – gleiches Braun.


Der Japanische Ahorn verabschiedet sich auch – sogar im Schatten. Wahnsinn – da sind ja auch die anderen Sträucher komplett welk.


Oh. Das ist schon der zweite Weißdorn der tot ist. Weißdorn? Haben die damals auf der Uni nicht gesagt – dort wo‘s trocken ist, steinig, Abhang am Bisamberg??!! Okay. Check. Weißdorn auch gestrichen.


Strohbaun die Wiese im St.James Park bei der Gartenreise von Verena Schönauer im August 2022


Es gibt keine Pflanze, die nicht leidet.

Der Klimawandel zeigt uns was Sache ist!

Hampstead Heath, Großes Naherholungsgebiet außerhalb des Zentrums, wirkt sehr ländlich – viel Grün, große Wälder, alte Parkanlagen.


Oje - die Felsenbirnen, das schaut nicht gut aus – die hat ja nur mehr die Hälfte der Blätter. Felsenbirne - abgehackt – was – das kann ja nicht sein.


He – das könnt was für die Zukunft sein – wenn ich nur wüsste welche Eiche das ist. Die sieht man bei uns nicht oft.




Hampton Court Palace. Am Rande Londons. Alter historischer Schlosspark. Die braune Grundfärbung fällt nicht mehr als etwas Besonderes auf.


Nun ja. Hortensien sind sowieso die Verlierer.


Wow – die ganzen Linden alle da drüben, das sieht man von hier, dass die Allee gelbe Blätter in der Krone hat, viele. Denen geht’s nicht gut. Eh klar. Linde. Schon lange abhackt.


Gut – dieser Baum wird’s nicht schaffen. Abgehackt.


He wow - was ist das für ein Baum – mit den roten Blättern – oh nein, das ist der Eisenholzbaum (Parrotia), der steht schon in Herbstfärbung, schaut ja echt toll aus, aber wir haben Anfang August – dem Tulpenbaum, dem geht’s nicht so gut, der wirft die Blätter gleich weg. Tulpenbaum – abgehackt.




Greenwich Park, die Allee hinauf auf den Hügel hat noch Blätter – das Blätterdach der roten Buchen spendet NOCH Schatten.


Buchen - abgehackt. Das wussten wir. Kein einziges Blatt ist braun abgefallen – alle „grün“ abgefallen.


Schaut da unten das eine Blumenbeet, das ist grün und bunt. Das wird sicher gegossen. Ist der Kontrast zum Rest ein Wahnsinn! Unglaublich.




Und so ging das weiter bis zum letzten Tag unserer Gartenreise.

Da machen wir traditionell nochmal eine Runde durch den Hyde Park & Kensington Gardens– Ich will so manche Hoffnungsschimmer (meist Ulmen oder Eichen – nicht die Standardsorten) nicht verschweigen:


He was bist du für einer? Du schaust ja echt gut aus – warum kenn ich dich nicht. Okay. Ist bei uns nicht üblich. Ah. Das find ich schon raus. Super. Dich merk ich mir.


Aber die restlichen negativen Auswirkungen auf die Bäume und Pflanzen war zu groß. Die Eindrücke zu schwer, zu viel, zu heiß, zu braun, zu fahl.

Oh nein – die ganze Allee – verdammt, die schauen aus, als ob sie morgen nicht überleben werden. Das sind nichtmal ganz junge Bäume. Nein, die stehen bei uns auf der Zukunftsliste. Wahnsinn.


Okay -Strategie her – Die müssen gegossen werden- Baumbestand erhalten – ein Teil unserer Klimastrategie – scheiße - Das geht sich nicht aus. Wer kann den ganze Hyde Park gießen? Das geht nirgendwo. Das funktioniert nicht. Das funktioniert nicht. Und Wasser ist ja auch keins da dazu, wenn es nicht genug regnet – naja dann wäre das Problem eh nicht so groß. Ein Teufelskreis.

Breakdown. Völlige Verzweiflung.



Oh nein – das hab‘ ich noch nie gesehen, ein Lederblattschneeball der die Blätter sowas von hängen lässt. Wow. Das muss ich fotografieren.


Zwischen durch darf ich noch einigen tatsächlichen Hoffnungen begegnen, den Resista-Ulmen, die nicht mal mit der Wimper zucken, und diese wunderschönen, leicht tanzenden Chinesischen Ulme, Ulmus parviflora, die mein Gemüt wieder etwas aufhellt und mir Freude macht.


Das schüttere Kronendach der Platanenalle im Hyde Park in August 2022
Das schüttere Kronendach der Platanenallee, Anfang August 2022, Hyde Park, London

Und zum Abschied wate ich durch halb-schienbeinhohes Platanenlaub, wie wenn es Ende Oktober wäre. Es ist Anfang Augst 2022.





He, das filme ich jetzt aber. Ich glaub wir begreifen noch gar nicht was uns blüht!






Sind wir Menschen noch zu retten?

  • Ich sehe, dass Mutter Erde Pflanzen hervorbringt, in allen Teilen der Welt. Alle haben besondere Eigenschaften.

  • Ich sehe, dass wir Menschen ein Klima geschaffen haben, das mit dem was bei uns heimisch war, nichts mehr zu tun hat.

  • Ich sehe Pflanzen, die Lücken, die wir Menschen schaffen, ganz frech, einfach wieder füllen, was natürlich ist, vom Ökosystem so vorgesehen.

  • Ich sehe uns Menschen wie wir ein Problem damit haben, dass sich etwas ändert. Wir wollen, dass alles so bleibt wie es WAR. Doch es ist schon lange nicht mehr so wie es war.

Ich halte mich nun daran fest, dass uns die Pflanzen helfen werden, so wie sie es immer schon getan haben.

Darum will ich nicht die Hoffnung verlieren. Die Pflanzen können so viel.


Der HEIMISCH-Zug ist abgefahren – vor 30 Jahren!

Eine provokante Aussage. Ich weiß. Und nein, das bedeutet nicht, dass es keine heimischen Pflanzen schaffen werden, oder dass diese schlecht sind.

Nein ganz anders. Ich denke, dass diese Strategie als Entscheidungskriterium nicht (mehr) zielführend ist. Die Wertung zwischen Gut (heimisch) und Böse (Nicht-Heimisch), die können wir uns nicht leisten. Die Natur kennt diese Wertung nicht mal. Und in unseren Dörfern und Städten werden wir einige Zuwanderer brauchen, damit wir unsere Lebensräume irgendwie erträglich halten können.

Andere Bäume sind schon von alleine gekommen, um zu bleiben (hoffentlich). Sie haben es in der letzten Eiszeit geschafft seitlich der Alpen in den zu Süden wandern, und machen sich bereits wieder auf den Weg zurück nach Mitteleuropa. Und gemeinsam wird es hoffentlich funktionieren.


Das Bewertungskriterien kann nur sein: Wer kann unsere Rahmenbedingungen ÜBERLEBEN. Wer hat die besten Chancen – in der Zukunft. Damit unser Lebensraum lebenswert bleibt.

Es wird tolle Heimische geben und es wird eingebürgerte Pflanzen geben, die die Artenvielft ergänzen werden. Und ICH bin dankbar dafür, denn sie helfen mir die Hoffnung nicht aufzugeben.




Wir wissen heute noch nicht, wer es schaffen wird. Diese Ungewissheit bleibt.


Wir haben bereits fixes Wissen über einige heimische Arten, die es in unseren Dörfern – ja auch in den Dörfern – und Städten nicht schaffen werden.

Dort wo die Strahlungshitze durch Versiegelung (Straßen) & Hausmauern in Kombination mit großer Trockenheit zu groß ist, haben jetzt schon große Probleme:

  • Birke

  • Winter- & Sommerlinde

  • Berg-Ahorn, der leidet schon lange

  • Spitzahorn

  • Hainbuche

… um nur Wenige zu nennen.


Einige Klima-Strategien sind:

  • Altbaumbestand lange erhalten

  • Standortbedingungen von neu gepflanzten Bäumen verbessern – bereits bei der Bepflanzung

  • Stammanstrich für neugepflanzte Bäume – speziell auf versigelten Flächen mit großer Strahlungshitze

  • Hitzeinseln reduzieren, vermeiden & rückbauen

  • Artenvielfalt bei Pflanzungen erhöhen – um das Risiko zu streuen

  • Baumarten für die Neupflanzung auswählen, die bzgl. der Trockenheit und der Strahlungshitze weniger anfällig sind – die das überleben können.


Pflanzenpersönlichkeiten kennen lernen

Klimabäume, Hoffnungsbäume - keine Ahnung wie wir sie nennen sollen?!

Von diesen oft nicht so bekannten Pflanzen, einige davon sind Neu-Zuwanderer andere werden schon länger verwendet, möchte ich in Zukunft erzählen. Ich bin draufgekommen, dass auch ich sie nicht so kenne, wie das mit unseren alt eingesessenen Bäumen zum Beispiel der Fall ist. Da sind nicht diese selbstverständlichen Erfahrungen da. Da gibt es keine Kindheitserlebnisse mit diesen Pflanzenpersönlichkeiten. Da fehlt die jahrelange Begegnung. Da kennen wir keine Märchen. Darum bin ich auf die Suche gegangen und möchte euch einige faszinierende Pflanzenpersönlichkeiten vorstellen, die wunderbare Stärken und Eigenschaften mit sich bringen. Um sie kennen zu lernen. Um sie in unser Leben aufzunehmen.


??Hast du ähnliche Erlebnisse oder Beaobachtungen gemacht?

Was treibt dich beim Klimawandel. Was tun die Pflanzen in deinem Garten? Musstest du deine Pflegemaßnahmen schon verändern? Gibt es Pflanzen, die es bei dir gar nicht mehr schaffen!


Schreib mir in den Kommentaren über deine Erfahrungen!

Mehr Erfahrungswerte fürhren zu besseren Einschätzungen und Entscheidungsgrundlagen. Gemeinsam.




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Impressum: Verena Schönauer, www.verenaschoenauer.at, 1160 Wien, pflanzentanzen@chello.at



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